Seelen-Striptease: „Piratenmond“

Mühsal und jede Menge Plackerei, und das alles – wofür? Autor Chris Wooding findet in seinem dreibändigen Werk „Tayles of the Ketty Jay „(dt. „Piratenmond“/ „Schwarze Jagd“/ „The Iron Jackal“ noch nicht auf deutsch) die Antwort (s. hierzu u.a. „Per Anhalter durch die Galaxis“). Woodings Meilenstein des Steampunk eröffnet klassisch: Erfolgloser Luftpirat erhält ein unmöglich ablehnbares Angebot. Der Auftrag geht fürchterlich schief und er samt Crew werden zum Staatsfeind Nr.1.

Na gut.
Tatsächlich kommt es viel viel besser.

Sagen wir es einfach, wie es ist: Junger Mann flieht als 19jähriger vor der Ehe mit einer durchaus geliebten Frau. Aber: Er will was erleben und außerdem scheinen die sozialen Konventionen (die Meinung der „anderen“) gegen die Bindung zu sprechen. Also wird er erst Flieger und dann – der Lauf der Welt – Luft-Pirat ohne Ehrgeiz.

Doch statt wie geplant weiterhin dubiose Aufträge gleich welcher Art durchzuführen, erlebt Darian Frey, so sein Name, wahrlich Aufregendes. Dabei führen ihn sowohl äußere wie innere Action auf einen unumkehrbaren Weg der Selbsterkenntnis.
Seine Crew besteht aus – naja – ungehobelten Gesellen, aber mit speziellen Fähigkeiten, die jeden einzelnen sehr wertvoll machen. Zum Entzücken des Lesers verbergen sich hinter jeder der vom Autor grandios raffiniert vorgeführten Figuren Tragödien griechischen Ausmaßes.

An Bord der Ketty Jay sind neben Kaptain Frey (Frauenheld und Abenteurer) sein Kumpel Silo, der versoffene Arzt Malvery, ein adliger Dämonologe und dessen metallener Begleiter, ein lebensmüder und ein hektischer Begleitschützer, die eigentlich tote neue Navigatorin sowie der Kater und sein heldenhafter Kampf gegen die Bordratten.
Dann gibt es Rivalen und Feinde, Politiker, Kleriker, Adel, Unternehmer, Schmuggler … und es gibt Monster, Helden, Huren, Ritter, keine – ich wiederhole – keine Vampire, verlorene Seelen, Magie, Artefakte sowie Luft-Schiffe in jeder Größe und Form. Die Reichen sind reich, die Armen sehr viel ärmer, als wir es uns vorstellen können.

Mit anderen Worten: Es ist ganz schön was los.

Was aber wirklich gut ist: Typen sind so unglaublich typisch für Typen im allgemeinen und im besonderen. Denn was auch immer sie voneinander unterscheidet, eins verbindet all diese Typen: Das Knödel-Problem.
Nie davon gehört? Ach gehn’s!
Das tritt immer dann ein, wenn ein Typ etwas sagen möchte, was im engeren und/ oder weitern Sinne mit Gefühlen (gar nicht mal so was „großes“ wie Liebe) zu tun hat. Dann werden die geplanten Worte durch geheimnisvolle Mächte im männlichen Rachen-Raum zu Brei zermahlen und zu Knödeln aufgekocht – und wieder rückt mögliche Kommunikation in weite Ferne. Mit anderen Worten: Typen können zwar Gefühle haben, sie aber nahezu unmöglich verbalisieren. Daher, liebe Mädel: Vergeßt den ganzen Kram mit den „klärenden Gesprächen“ etc – alles Mumpitz. Ein Mann definiert sich durch das, was er tut – oder eben unterläßt bzw. vermeidet. Das ist es.

Scheint jedenfalls, als hätte Autor Wooding http://www.chriswooding.com/ reichlich Erfahrung mit dieser Art Lebens-Situation sammeln können. Es ehrt ihn über die Maßen, dass er diese grausamen Momente mit seinen Lesern teilt.

(Exkurs: In dem Zusammenhang fällt mir ein, vor längerem mal gelesen zu haben, dass bei Männern das für Gefühle zuständige Gehirn-Areal recht isoliert vor sich hin liegt und ohne Verbindung zu dem für die Kommunikation zuständigen Gehirn-Areal leben muß. Wenn ich das noch finde, werde ich es posten, versprochen.)

Wir sehn uns im Kino bei
„Warm Bodies“ / „World War Z“ und „Hänsel und Gretel – Hexenjäger“

Glück Auf!

von sspicy5 Veröffentlicht in Bücher

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